Als im Herbst 1941 die Deportationszüge aus deutschen Städten in „den Osten“ fuhren, mussten die verschleppten Juden ihr gesamtes Hab und Gut zurücklassen, das der nationalsozialistische Staat sofort enteignete. Diesen Raub führten die staatlichen Finanzbehörden durch. Die Enteignung der Deportierten bildete den Höhepunkt einer Kette wirtschaftlicher Verfolgungsmaßnahmen, mit denen die Finanzbehörden seit 1933 auf Vermögen von Juden zugriffen.
Um zu erklären, wie der weitverzweigte Behördenapparat in die nationalsozialistische Verbrechenspolitik eingebunden wurde und dort nahezu reibungslos funktionierte, verknüpft die Studie erstmals systematisch politische Entscheidungen, institutionelle Organisation und praktische Umsetzung und untersucht die Ebenen auf Wechselwirkungen. Dabei bezieht die Arbeit sowohl Normen und institutionelle Routinen als auch situative und personale Faktoren mit ein und erschließt auf diese Weise Grundfragen der Analyse nationalsozialistischer Staatsverbrechen. Die Ergebnisse werden dabei in eine längere zeitliche Perspektive eingebettet, die bereits im späten 19. Jahrhundert einsetzt und bis in die Nachkriegszeit reicht.